Rebooting Society – St. Michaelis, Hoffnung auf den Wiederbeginn
Der plötzliche Lockdown und das Versammlungsverbot haben die meisten Glaubensgemeinschaften mit voller Wucht getroffen. Gerade in dieser unsicheren Zeit, in denen Kirchen Halt und Geborgenheit spenden wollen, dürfen keine Gottesdienste stattfinden.
Es ist Sonntag Morgen. Für meine Lockdown-Bildreportage bin ich heute in der Hauptkirche St. Michaelis. Von den meisten Hamburgern liebevoll Michel genannt. Eigentlich sollte hier gerade eine Evangelische Messe stattfinden und die Bänke gut gefüllt sein. Doch wegen des Versammlungsverbots sind nur zwei ältere Damen gekommen. Vorn am Stehpult spricht Hauptpastor Röder einige, wenige Worte. Dann setzt er sich wieder beiseite und lässt den Organisten übernehmen. Zumindest musikalisch ist die nahezu leere Kirche jetzt bis in den letzten Winkel ausgefüllt.
In den vorderen Reihen liegen Portraitbilder auf den Bänken. Es müssen an die hundert sein, vielleicht noch mehr.
Unter dem Hashtag #verbundenbleiben hat St. Michaelis eine Aktion gestartet. Gemeindemitglieder und Freunde, können ein Bild von sich und eine persönliche Geschichte zuschicken, die sie mit dem Michel verbindet. So sollen zumindest symbolisch die leeren Bänke wieder gefüllt werden.
Die derzeitige Situation durch den Lockdown ist auch finanziell für viele Kirchen schwierig. St. Michaelis erhält z. B. nur 15 % der Einnahmen aus Kirchensteuermitteln. Der Rest wird über Konzerte, Spenden oder Turm- und Kryptabesuche erwirtschaftet. Durch die ausbleibenden Einnahmen sind die Finanzen bereits deutlich in Schieflage geraten.
Niemand weiß, wie lange das Versammlungsverbot bestehen bleibt. Die verschiedenen Glaubensgemeinschaften verhandeln derzeitig mit der Regierung. Sie haben verschiedene Lösungsansätze zur sicheren Durchführung von Messen eingereicht. Natürlich unter Wahrung der nötigen Abstandsregelungen.
In der Zwischenzeit werden dienstags Andachten für die St. Michaelis Gemeinde aufgezeichnet und im Anschluss online verbreitet. Diesen Dienstag übernimmt das Frau Pastorin Atze. Natürlich ist das nicht mit dem Gemeinschaftserlebnis eines echten Gottesdienstes vergleichbar. Doch es ist zumindest ein weiterer Schritt, um Verbundenheit zu demonstrieren.